Newsnational Donnerstag, 14.01.2021 |  Drucken


Bundestagsdebatte Thema "Muslimfeindlichkeit", heute zuschalten 17:50 Uhr, 14.01.2021
Bundestagsdebatte Thema "Muslimfeindlichkeit", heute zuschalten 17:50 Uhr, 14.01.2021

ZMD begrüßt die von den LINKEN angestoßene Debatte im Bundestag: Muslimfeindlichkeit in Deutschland alarmierend hoch

Rassismus in der Mitte der Gesellschaft und am rechten Rand: Mindestens jeden zweiten Tag erfolgte ein muslimfeindlicher Angriff auf Moscheen, Religionsstätten und religiöse Repräsentanten – 184 Fälle allein aus 2019

In der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der LINKEN zum Ausmaß der ‚Feindseligkeit gegen Muslime‘ in Deutschland geht hervor, dass das Ausmaß von muslimfeindlichen Straftaten sowie die Diskriminierungserfahrungen von Muslimen stetig zunehmen und auf ein bedenkliches Ausmaß angewachsen sind.

Dazu sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek: „Durch die richtigen und sachkundigen Fragen der LINKEN und die ausführlichen Antworten der Bundesregierung wird dieses so essentielle Thema Muslimfeindlichkeit endlich dort diskutiert, wo es hingehört: Nämlich ins Parlament. Der Kampf gegen Muslimfeindlichkeit ist keine nette Dreingabe an die deutschen Muslime, sondern vor allem ein ehrenwerter Dienst an unsere Demokratie. Wer das nicht begreift oder Scheinargumente dagegen aufzubringen versucht, ist vor allem ein Antidemokrat und will die ohnehin negative Stimmung gegen Muslime im Lande weiter nutzen, um unseren Rechtsstaat zu destabilisieren.“

„Antimuslimischer Rassismus und Diskriminierung von Muslimen in Deutschland“ lautete der Titel dieser Großen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/11240). Darin schreibt die Fraktion, dass Muslimfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus in Deutschland in den vergangenen Jahren „in Denkmustern und Taten massiv zugenommen“ haben. Im Jahr 2017 seien in Deutschland fast 60 Anschläge auf und Schändungen von Moscheen und anderen islamischen Einrichtungen gezählt und mehr als 1.000 islamfeindliche Straftaten gemeldet worden. Im Jahr 2018 seien nach vorläufiger Auswertung bisher 813 islamfeindliche Straftaten gemeldet worden; die Zahl der gemeldeten Körperverletzungen sei gestiegen.

Wissen wollten die Abgeordneten, ob der Islam nach Ansicht der Bundesregierung zu Deutschland gehört. Auch erkundigten sie sich danach, wie die Bundesregierung den Stand der Religionsfreiheit in Deutschland bewertet. Ferner fragten sie, ob es nach den Erkenntnissen der Bundesregierung antimuslimischen Rassismus in der Mitte der deutschen Gesellschaft gibt und wie viele Menschen nach Ansicht der Bundesregierung in den Jahren 2016, 2017 und 2018 von antimuslimischem Rassismus betroffen waren.

Erfahren wollte die Fraktion zudem, wie sich nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2009 die Gewalt gegen Menschen entwickelt hat, „die als Musliminnen oder Muslime wahrgenommen werden“, und wie sich die Zahl der Angriffe auf muslimische Orte, Vereine, Gebetsstätten, Moscheen, Friedhöfe, Versammlungsstätten in Deutschland in dieser Zeit entwickelt hat. Des Weiteren erkundigte sie sich unter anderem danach, in welchen Bereichen es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Diskriminierungen gegen muslimische Menschen kommt.

Konkret fordern die Linken unter anderem Konzepte für den Schutz von islamischen religiösen Einrichtungen sowie eine klare Haltung gegen Verbote und Diskriminierung im Zusammenhang mit religiöser oder religiös motivierter Kleidung.

Desweiteren soll der Bundestag die Bundesregierung dazu auffordern, unmissverständlich anzuerkennen, dass der Islam zu Deutschland gehöre.

Religiöser Ungleichbehandlung solle entgegengewirkt und ein Anti-Rassismusbeauftragter für alle Formen des Rassismus einberufen werden.

„Durch die richtigen und sachkundigen Fragen der LINKEN und die ausführlichen Antworten der Bundesregierung wird dieses so essentielle Thema Muslimfeindlichkeit endlich dort diskutiert, wo es hingehört: Nämlich ins Parlament. Der Kampf gegen Muslimfeindlichkeit ist keine nette Dreingabe an die deutschen Muslime, sondern vor allem ein ehrenwerter Dienst an unsere Demokratie. Wer das nicht begreift oder Scheinargumente dagegen aufzubringen versucht, ist vor allem ein Antidemokrat und will die ohnehin negative Stimmung gegen Muslime im Lande weiter nutzen, um unseren Rechtsstaat zu destabilisieren.“, so ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek


ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek zur Debatte Muslimfeindlichkeit heute im Bundestag, 14.01.2021

ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek zur Debatte Muslimfeindlichkeit heute im Bundestag, 14.01.2021
Mehr als jeden zweiten Tag Angriff auf Moschee in Deutschland - Gewaltsame Übergriffe besonders auf Frauen mit Kopftuch gestiegen

Zudem sollten sich alle Glaubensgemeinschaften an bekenntnisorientiertem Religionsunterricht in Schulen beteiligen können, sofern dieser angeboten werde. Bei der Seelsorge sollten muslimische Gemeinschaften genauso wie christliche und jüdische behandelt werden. Auch im Bereich der Wohlfahrt müsse es eine Gleichstellung geben. Auch müsse es Vereinbarungen zur Anerkennung von muslimischen Religionsgemeinschaften geben.


In der Antwort der Bundesregierung geht sie für das Jahr 2019 von 184 Fällen muslimfeindlich motivierter Angriffe auf Moscheen, Religionsstätten und religiöse Repräsentanten aus. Mit anderen Worten: Im vergangenen Jahr fand mindestens jeden zweiten Tag ein solcher muslimfeindlich motivierter Übergriff statt.

Aber nicht nur Gebäude, auch Menschen werden vermehrt angegriffen. Die Gewalttaten gegen Muslime sind zwischen 2017 und 2018 gestiegen. 2018 wurden auch zwei versuchte Tötungen registriert.

Die Alltagsdiskriminierung ist noch sehr viel stärker verbreitet und für viele Betroffene ein fast tägliches Erlebnis. Frauen sind in einem besonderen Maße von antimuslimischer Diskriminierung betroffen, laut den Zahlen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Bis Juni 2017 hatten sich dort 719 Personen aufgrund von antimuslimischer Diskriminierung beschwert. Die Mehrzahl davon waren Frauen. 76% der verbalen und körperlichen Gewaltdiskriminierungen im Bereich Öffentlichkeit und Freizeit werden von Frauen berichtet, die Kopftuch tragen.

Wer aber annimmt, dass diese wachsende Islam- und Muslimfeindlichkeit nur die beträfe, die als Muslime und Musliminnen erkennbar sind oder auch nur für Muslime und Musliminnen gehalten werden, täuscht sich. Eine ablehnende Haltung gegenüber Muslime und Musliminnen und dem Islam ist nicht nur – wie die Bundesregierung konstatiert – zum gemeinsamen Nenner des ansonsten heterogenen rechtsextremistischen Milieus geworden und trägt damit wesentlich zu dessen wachsender Stärke bei. Diese Haltung ist auch in der Mitte der Gesellschaft mittlerweile so weit verbreitet, dass sie als Verknüpfung zu den rechten Milieus fungieren und damit antidemokratische Einstellungen gesellschaftsfähig machen und in weite Teile der Gesellschaft tragen. Muslimfeindlichkeit trägt also dazu bei, antidemokratische Haltungen mehrheitsfähig zu machen, gleichzeitig die extreme Rechte zu stärken, und bedroht damit unsere Gesellschaft als Ganzes.

Die Bundesregierung hat mehrfach in ihrer Antwort vermerkt, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher liege. „Musliminnen und Muslime erfahren Diskriminierung im Alltag, auf dem Arbeitsmarkt, in der Bildung, in Behörden sowie auf dem Wohnungsmarkt und im Dienstleistungssektor“, heißt es in der Antwort weiter. Insbesondere Frauen mit Kopftuch seien von Diskriminierung und Gewalt betroffen.

Unterdessen wurde auch der Vorschlag und die Forderung an die Bundesregierung nach einem unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit entsprochen, und im Juli 2020 vom Bundesinnenminister Horst Seehofer umgesetzt und eingerichtet.

(Quelle: Eigene/Die Linke/Bundestag/Claim)





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